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Was hat, so könnte man fragen, eine Universität als Institution, deren Kerngeschäft seit jeher die Forschung sowie die akademische Lehre sind, mit der Beteiligung an einem Literaturfestival zu tun?

Sehr viel, und dies gleich in mehrerlei Hinsicht – so lautet die Antwort der Universität Bremen.
Da ist einmal die grundsätzliche Überlegung, dass eine Universität, die die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit der Welt, ihren Verfasstheiten und Problemen, aus den Perspektiven verschiedenster Disziplinen erforscht und lehrt, eben auch mit Kultur und Kulturen zu tun hat. Während traditionelle Konzepte dieser Erforschung vorsahen, dass diese in akademischer Abgeschiedenheit zu erfolgen habe, geht man heute auch davon aus, dass ein lebendiger Austausch zwischen Wissenschaft und Kultur vertiefte Erkenntnisse erzielen kann.
Lebendiger Austausch meint: Studierende werden angeleitet, mit dem, was sie an Theorien und Methoden zur Auseinandersetzung mit den Gegenständen lernen, aus dem geschützten Raum der Akademia herausgehen, um Kultur dort aufzusuchen und zu erleben, wo sie stattfindet: in Lesungen, Debatten, in Film-, Theater- oder Tanzvorführungen. Mit dem kritischen wissenschaftlichen Blick begegnen die Studierenden dem kulturellen Geschehen. Sie kehren dann mit diesen Erfahrungen in den akademischen Raum zurück, um dort die Auseinandersetzung, bereichert durch eigenes Erleben wie durch fremde Perspektiven, wieder fortzusetzen.
Es geht also, wenn die Universität Bremen sich an Literaturfestivals beteiligt auch darum, die Komplementarität von wissenschaftlichem und künstlerischem Diskurs zu fokussieren, um so zu einem vertieften Verständnis von Kultur und darüber der Welt, mit der Kultur sich auseinandersetzt, zu gelangen.
Um dies zu erreichen, wurden Seminare eingerichtet, in denen die Studierenden die Texte studieren, die während des Festivals von ihren AutorInnen gelesen und mit dem Publikum diskutiert werden. Eine der Aufgaben für die Studierenden ist es, ihren wissenschaftlichen Blick auf Literatur (oder Theater oder Film) verständlich formulieren zu lernen, in Formate wie Rezensionen oder blog-Beiträgen, die ein weiteres und nicht primär akademisches Publikum erreichen und zur Teilhabe an der Reflexion einladen sollen. Die Schulung von Kompetenzen der Vermittlung ist damit also ein wichtiges Ziel, das die Universität über ihre Beteiligung an diesem Literaturfestival verfolgt.
Ein anderer Weg, der beschritten wird, ist die Beteiligung von Lehramtsstudierenden aus den Fremdsprachenphilologien (aktuell: Frankoromanistik). In Sprachkursen bereiten sie sich auf fremdsprachige Lesungen bzw. andere Veranstaltungsformate vor, indem sie Texte übersetzen und so wiederum den Teilen des Publikums, das nicht über entsprechende Sprachenkenntnisse verfügt, Teilhabe am kulturellen Geschehen ermöglicht. Indem Lehramtsstudierende sich unter Anleitung am Literaturfestival beteiligen, setzt die Universität auch auf die Ausbildung von zukünftigen Multiplikatoren in diesen lebendigen Austauschprozess, damit dieser weiter geführt wird, wenn die Studierenden als zukünftige Lehrerinnen und Lehrer in der Schule einen offenen Umgang mit Kultur lehren.
Die Universität Bremen ist im Literaturfestival globale°, das sich seit seinen Anfängen mit Texten und Autoren, die über Migration und die transkulturelle Verfasstheit von Gesellschaften nachdenken, über Grenzen und deren Überwindung reflektieren, auch deshalb engagiert, weil diese Auseinandersetzung mit Diversität und Interkulturalität zu ihren Leitzielen und Forschungsschwerpunkten gehört. Mit dem Festival teilt die Universität Bremen die Überzeugung, dass über dieses Engagement ein Beitrag geleistet werden kann, der nicht nur in gesellschafts- und kulturpolitischer sondern auch in wissenschaftspolitischer Hinsicht bedeutsam ist.

Elisabeth Arend, FB 10
13.11.2014


 
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